Ansprechpartner: Prof. Dr. Thomas Stöllner
Die Ostalpen waren in der Bronzezeit das wichtigste Abbaugebiet für Kupfererz. In der Forschung berühmt sind die Befunde der Reviere am Mitterberg – zwischen Mühlbach am Hochkönig, Bischofshofen und St. Johann im Pongau. Nirgendwo sonst finden sich so viele und gut überlieferte Spuren des alten Bergbaus.
Das Revier am Mitterberg ist die mächtigste Kupfererzlagerstätte der Ostalpen. Sie erstreckt sich auch auf die Erzgänge des Südreviers (Brander-, Burgschweig- und Birkstein-Gang) sowie jene des Ostreviers (Winkel- und Buchberggang).
Die Genese der Lagerstätte ist komplex: Wir unterscheiden prinzipiell zwischen den schichtparallel in die Schiefer eingelagerten Vererzungen – wie etwa im Südrevier – und denen, die wie der Hauptgang am Mitterberg diskordant in eine tektonische Verwerfung der sog. violetten Serie abgelagert wurden. Die in der Regel aus mehreren parallelen Vererzungen bestehenden Kupferkiesgänge sind meist nur wenige Dezimeter dick, stellenweise aber bis zu 4 Meter mächtig. Die moderne Nutzung der Lagerstätte begann 1827 und musste 1977 wegen fallender Kupferpreise eingestellt werden. Auf Basis der von der Mitterberger Kupfergesellschaft angefertigten Seigerrisse kann eine Vorstellung der Gesamtfördermenge entwickelt werden: Etwa 24000 t Schwarzkupfer sollten so in den europaweiten Handel gekommen sein. Analysen prähistorischer Bronzen ergaben, dass diese vor allem in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. aus Kupfer vom "Typ Mitterberg" bestehen.
Trotz der intensiven und lang andauernden Forschungsgeschichte bleiben bis heute viele Fragen zur Technologie, zur Subsistenz und zur wirtschaftlichen Einbindung des Mitterberger Bergbaubetriebes in sein alpines Umfeld unbeantwortet. Allein die schiere Größe des Reviers, die komplexe landschaftliche Gliederung wie auch die Vielfältigkeit der kupfer- bis bronzezeitlichen Montanzeugnisse verhinderten bislang eine umfassende Forschungsstrategie.
Das DBM erforscht seit 2002 das Kupferbergwerk am Arthurstollen und konnte in der Folge seine Aktivitäten auf die gesamte Montanlandschaft ausweiten. Uns interessiert vor allem die landschaftliche Einbindung des alpinen Wirtschaftsbetriebes vor dem Hintergrund seiner Logistik, Organisation und zeitlichen Entwicklung. Denn nur so können notwendige Rahmendaten für eine wirtschaftsarchäologische Modellierung erhoben werden. Weiterhin stehen Fragen zur Bergbautechnik, der Aufbereitung und zum bergmännischen Know-how im Fokus: Welche Betriebszeiten sind in Rechnung zu stellen? Und wie aufwändig war der Abbau?
Prospektionen und Sondagegrabungen erbrachten zudem detaillierte Einblicke in die übertägigen Betriebspunkten: Gerade die ersten Schritte der feineren Erzaufbereitung, vor allem zentrale Nassaufbereitungsplätze haben uns bisher interessiert. Hier wird nun sein etwa 10 Jahren an der großflächen Erzaufbereitung im Sulzbachmoos am Troiboden gegraben. Schließlich erlauben due Hüttenplätze vor allem durch die teilweise noch erhaltenen Schlackenhalden einen Zugriff auf die Frage, wie oft und in welcher Intensität verhüttet wurde – letztlich sogar wie viele Ofenreisen gefahren und welche Kupfermengen produziert wurden. Wesentlich für das Verständnis des gesamten Areals ist die Datierung von Hüttenplätzen und anderen obertägigen Betriebspunkten. Erstmals soll eine flächige Gesamtbeurteilung über die diachronen Veränderungen der Produktionsintensität im gesamten Betriebszeitraum versucht werden.
Daher ziehen wir vegetationsgeschichtliche Daten hinzu: Sie verhelfen uns einerseits zu jahrgenauen Datierungen der archäologischen Befunde, andererseits liefern sie Erkenntnisse zur Nutzungsgeschichte des Waldes. Holz war eine bedeutende Energiequelle und als Rohstoff für die Fertigung von Grubenhölzern im Bergbau unerlässlich.
Weiterhin arbeiten wir an geochemischen und mineralogischen Charakterisierungen der einzelnen Erzgänge. Diese Provenienzstudien liefern uns detailliertere Einblicke in den regionalen und interregionalen Handel.
Prof. Dr. Thomas Stöllner
Professor für Ur- und Frühgeschichte
Institut für Archäologische Wissenschaften
Ruhr-Universität Bochum
Am Bergbaumuseum 31, 44791 Bochum
Raum: 0.3.1a
Tel: +49 (0)234 32-22546
Email: thomas.stoellner@rub.de oder thomas.stoellner@bergbaumuseum.de
Andre Blömeke (DBM und RUB), Nicole Boenke (RUB), Jennifer Garner (DBM), Erica Hanning (LEIZA), Sarah Horst (DBM und RUB), Kurt Nicolussi (Uni Innsbruck), Eva Neuber (DBM und RUB), Klaus Oeggl (Uni Innsbruck), Peter Thomas (DBM), BTU Cottbus und Studierende der RUB
Dissertationen:
Erica Hanning: "Smelting of Sulfidic Ore During the Bronze Age in the Eastern Alpine Region: A Mining, Archaeological, and Experimental Approach".
Dissertationen:
Peter Thomas: "Studien zu den bronzezeitlichen Bergbauhölzern im Mitterberger Gebiet" (Philipps-Universität Marburg ).
Masterarbeiten:
Sarah Horst: "Untersuchungen zu den Holzgeräten der bronzezeitlichen Aufbereitungsanlage am Troiboden im Mitterberg-Gebiet" (Ruhr-Universität Bochum 2019).
Eva Neuber: "Untersuchungen zur Holzbearbeitung und Nutzung der Aufbereitungskästen der bronzezeitlichen Aufbereitungsanlage am Troiboden im Mitterberg-Gebiet" (Ruhr-Universität Bochum 2019).
Patricia Bock: "Bronzezeitliche Besiedlung in den Bergbauzonen des Mitterberggebietes" (Ruhr-Universität Bochum 2018).
Sabrina Kluwe: "Die bronzezeitliche Keramik der Grabung Höch (Gemeinde St. Johann) im Kontext der Wirtschaftsware im Kupferbergbaurevier des Salzach-Pongau" (Ruhr-Universität Bochum 2013).
Das Projekt läuft in Kooperation mit dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum.
Der Sonderforschungsbereich „HiMAT“ („The History of Mining Activities in the Tyrol and Adjacent Areas - Impact on Enviromment and Human Societies“) ermöglichte zwischen 2007 und 2012 ein groß angelegtes Projekt Mitterberg. HiMAT verband zwischen 2007 und 2011 insgesamt 14 Projekte und wurde durch den Fond zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung Österreich (FWF) gefördert. Diverse Nachfolgeprojekte sichern seit 2011 die Fortführung der Forschungsaktivitäten, So förderte die Deutsche Forschungsgemeinschaft ein internationales Forschungskonsortium zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz (sog. D-A-CH-Projekt (2014-2018).