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Prospektion


Das Fach Ur- und Frühgeschichte der Ruhr-Universität Bochum beschäftigt sich schon seit längerer Zeit mit verschiedenen Prospektionsverfahren, wie der Luftbildarchäologie und der magnetischen Prospektion archäologischer Fundstellen. Seit Sommer 2010 wird im Rahmen des Projektes „Prospektion und Siedlungsarchäologie in Westfalen“ diese Arbeit vertieft und ausgebaut. Das Augenmerk wird hierbei auf die Kombination der verschiedenen archäologischen Prospektionsmethoden gelegt, wie:

  • Luftbildarchäologie
  • Airborne Laserscanning
  • Geomagnetik
  • Georadar
  • bodenkundliche Untersuchungen und 14C-Datierung
  • Geodäsie

Das LIDAR (Light Detection And Ranging) oder auch Airborne Laserscanning genannte Messverfahren basiert auf flugzeuggestützten Geländescans zu Erstellung digitaler Geländemodelle, die ein detailliertes Abbild der Geländeoberfläche, auch in dichtbewaldeten Regionen liefern. Das System basiert auf der Aussendung von Laserstrahlen in regelmäßigen Abständen und kann so große Flächen in sehr kurzer Zeit erfassen. Der Laser ist dabei am Flugzeugboden installiert und die Laserstrahlen werden vom Erdboden, der Vegetation und der Bebauung reflektiert. Aus der Berechnung von Winkel und Laufzeit des Laserstrahls können die Einzelpunkte der Messung im dreidimensionalen Raum erstellt werden.

Die geophysikalische Prospektion nutz die physikalischen Eigenschaften der Erde oder des oberflächennahen Untergrundes wie das Erdmagnetfeld, die elektrische Leitfähigkeit des Bodens, das Schwerefeld der Erde, thermische Eigenschaften, Ausbreitungsgeschwindigkeiten von Erschütterungswellen oder akustischen Signalen, elektromagnetische Phänomene oder die natürliche radioaktive Strahlung. Bereits im 19. Jh. erkannte man, dass Keramik und gebrannter Ton schwach magnetisch waren. 1955 entdeckte Le Borgne die stärkere Magnetisierbarkeit des Oberflächenbodens. 1964 wurde von J. C. Alldred das erste Fluxgategradiometer für die Archäologie entwickelt und eingesetzt. Wie bei der Luftbildarchäologie wurden die Messverfahren nachfolgend optimiert, verfeinert und vereinfacht .
Zu den wichtigsten geophysikalischen Prospektionsmethoden in der Archäologie
gehören: Geomagnetik, Geoelektrik und Bodenradar, wobei die geomagnetische Prospektion und Bodenradarmessungen am Institut für Archäologische Wissenschaften verwendet werden.

Die Geomagnetische Prospektion eignet sich besonders, um z. B. Siedlungsstrukturen, wie Gräben, Gruben, Pfostenlöcher und Hausgrundrisse zu finden und ist eine zerstörungsfreie Methode, die keinen Eingriff in das Erdreich erforderlich macht. Bei der Magnetprospektion werden die verschiedenen Einflüsse untersucht, die unterschiedliche Materialien unter der Oberfläche im Unterschied zu ihrer ungestörten Umgebung auf das Erdmagnetfeld haben. Wir verwenden zum einen ein hoch stabiles Fluxgategradiometer, Grad601 (Bartington Instruments) mit einem Sensor, das auch tiefer liegende Anomalien gut erfassen kann (Abb. 01). In dem Messstab sind zwei Messsensoren übereinander angeordnet, die jeweils das Magnetfeld erfassen und die Differenz der Messungen beider Sensoren als Graustufenbild in Nanoteslar (nT) darstellen. Mit diesem Fluxgategradiometer wird in 0,25, 0,5 und 1,0 Meter-Abständen gemessen.
Mit dem Messgerät des Instituts wird normalerweise im 1,0 Meter-Abstand gemessen. Mit dem Gerät ist lediglich die Untersuchung von maximal 40 × 40 Meter großen Messfeldern (Grids) möglich. Das zweite Messgerät (Abb. 02) ist ein 5-Kanal Sensor (Sensys Version 1.x). Der Vorteil gegenüber dem Ein-Sensor-Messsytem liegt in der gesteigerten Gridgröße, denn hier ist eine Fläche von maximal 50×50 Meter messbar, und vor allem in einer deutlich gesteigerten Messgeschwindigkeit. Die bearbeiteten Graustufenbilder werden mit verschiedenen thematischen Karten in ArcGIS (ESRI) verknüpft, was die Grundlage zur Erstellung diverser Pläne und der übergreifenden Fundstellenauswertung bildet.

Das verwendete Bodenradargerät wird von der amerikanischen Firma GSSI (www.geophysikal.com) hergestellt und in Mitteleuropa von der Allied Associates (www.allied-associates.co.uk/files/contactus.html) vertrieben. Das Messsystem bestehend aus einer Antenne und einem portablen Computer, erlauben es, elektromagnetische Wellen anzuregen, die sich im Untergrund ausbreiten und dort an elektromagnetischen Diskontinuitäten (z.B. geologische Schichtgrenzen) und anderem reflektiert werden. Wellen, die auf Grund ihres Laufweges wieder zur Antenne propagieren, können schließlich digital aufgezeichnet werden. Mit Hilfe der Kenntnis von Laufzeit und Wellengeschwindigkeit lässt sich die Tiefe eines Reflektors bestimmen. Auflösungsvermögen und Eindringtiefe von elektromagnetischen Radarwellen wirken einander entgegen. Hohe Frequenzen entsprechen einer kleinen Wellenlänge, die wiederum kleinere Heterogenitäten im Untergrund auflösen können. Gleichzeitig werden hochfrequente Wellen stärker gedämpft als niedrigfrequente Wellen, sodass die Eindringtiefe im Vergleich geringer ist. Aus diesem Grund wurden für die Bodenradarmessungen sowohl eine 200 MHz als auch eine 400 MHz Antenne verwendet, die bei durchschnittlichen Untergrundverhältnissen ein vertikales räumliches Auflösungsvermögen von etwa einem bzw. einem halben Dezimeter aufweisen und eine Eindringtiefe von einem bis zu einigen Metern gewährleisten. Während der Bodenradarmessung wir die Antenne entlang der Profillinie über den Boden gezogen. Die Wegstrecke wird über ein Laufrad gemessen. Unterschiedliche Bodenverhältnisse an verschiedenen Lokalitäten werden durch die jeweilige Kalibrierung des Laufrades berücksichtigt. Zur Auswertung der Amplituden-Zeit-Spuren wird das Programm ReflexW (www.sandmeier-geo.de) verwendet. ReflexW ermöglicht es, Profile zweidimensional darzustellen und Sektionen mehrerer parallel verlaufender Profile dreidimensional auszuwerten.

Die bodenkundlichen Untersuchungen werden in erster Linie angewandt, um die in der Geomagnetik gemessenen Anomalien detailliert ansprechen zu können, aber auch um den Aufbau der einzelnen Schichten im Untergrund zu erfahren. Im Projekt werden die bodenkundlichen Untersuchungen durch Dipl.-Geogr. K. Röttger durchgeführt. Hierbei wird ein Hohlmeißelbohrer (Pürckhauer) mit einem Schonhammer per Hand in den Boden gerammt. Der Bohrstock hat einen Durchmesser von ca. 2 cm und kann bis in eine Tiefe von 2,50 m verlängert werden. Nach dem Eintreiben in den Boden muss der Bohrstock manuell gezogen werden. Anhand des nun entstandenen Bohrprofils kann der Aufbau des Untergrundes beschrieben und Kulturschichten erkannt oder Anomalien aus den Graustufenbildern der Geomagnetik klarer gedeutet werden. Stellenweise werden aus dem Bohrstock gewonnenen ausgewählte Proben (Holzkohle, Knochen etc.) zur AMS-14C-Datierung nach Zürich (Laboratory of Beam Physics Radiocarbon Dating) weitergeleitet: Unter der Leitung von Dr. I. Hajdas konnten zehn Proben von der Fundstelle Corvey untersucht werden.

Die notwendigen Vermessungen finden in der Regel mit dem Tachymeter (Zeiss, Rec Elta 13c) statt, wobei in diesem Projekt die Erfassung im Gauss-Krüger-System erfolgt. Die Daten können allerdings auch in jedes gewünschte Koordinatensystem z. B. UTM umprojeziert werden. Die Vermessungen werden parallel zu den geomagnetischen sowie bodenkundlichen Arbeiten durchgeführt. Wichtig ist, zur qualifizierten Interpretation insbesondere der Magnetogramme, Geländestrukturen und sonstige wichtige Strukturen aufzumessen und ebenfalls in das GIS einzupflegen.


Lupe
hoch stabiles Fluxgategradiometer, Grad601 (Bartington Instruments) mit einem Sensor.

Luftbildarchäologie


Das Institut für Archäologische Wissenschaften der RUB verfügt seit den 1990er Jahren über ein Luftbildarchäologie-Labor mit einer umfangreichen Ausstattung mit modernster Technik. Sein Forschungs- und Schulungspotenzial besteht in verschiedenen Bereichen.

Dabei handelt es sich primär um die archäologische Interpretation von nicht speziell für archäologische Zwecke aufgenommenen Luftbildern. Die Arbeit umfasst in der Regel folgende Schritte: Die Recherche vorhandener fremder Bilder, die Beschaffung archäologisch geeigneter Bilder, die Archivierung erworbener Bilder und schließlich die archäologische Interpretation der Bilder.

Bei der Luftbildrecherche werden verschiedene Informationsquellen erschlossen. Zu solchen Bildquellen gehören z.B. Archive der militärischen Luftaufklärung, der geologischen und geographischen Fernerkundung, der Landesvermessung usw. Anhand von Luftbildkatalogen und -indizes werden je nach Zielsetzung der Luftbildinterpretation die als geeignet erscheinenden Luftbilder ausgewählt und probeweise angesehen. Kriterien für die Auswahl sind u.a. Bildart (Senkrecht- oder Schrägaufnahme, Bildüberlappung), Bildmaßstab und Aufnahmezeit (Jahres- und Tageszeit). Die ausgewählten Luftbilder werden entweder durch Ausleihen oder durch käuflichen Erwerb beschafft. Die so erworbenen Bilder werden anschließend archiviert und für die Interpretation vorbereitet. Die eigentliche Interpretation kann je nach Zielsetzung und persönlicher Voraussetzung der Interpreten in verschiedene Arbeitsphasen gegliedert werden, wie etwa Vorinterpretation, Interpretation, Verifizierung durch Geländearbeit usw. Durch die Interpretation werden archäologisch relevante Luftbildinhalte abgelesen, gedeutet und je nach Zielsetzung auf verschiedene Art und Weise (bevorzugt schriftlich und kartographisch) dokumentiert

Luftbildmessung wird fachlich als Photogrammetrie bezeichnet. Am Institut wird die archäologische Luftbildmessung auf der digitalen Basis, d.h. mit Computerunterstützung, realisiert. Sowohl Messbilder (für Vermessungszwecke aufgenommene Senkrechtluftbilder) als auch Luftbilder aus der Flugprospektion (in der Regel Schrägluftbilder) können geometrisch entzerrt bzw. georeferenziert werden.
Bei der geometrischen Bildentzerrung geht es im Wesentlichen um die Korrektur der durch Zentralprojektion bei der Luftaufnahme entstandenen Abbildungsfehler. Nach der Entzerrung erhält man Luftbilder mit bestimmten Karteneigenschaften. Daher kann man solche entzerrten Luftbilder mit weniger Aufwand zu Luftbildkarten weiterverarbeiten. Darüber hinaus können die Luftbilder bei der Entzerrung in ein geographisches Koordinatensystem oder in ein Koordinatensystem der Landesvermessung hineinprojiziert (georeferenziert) werden. Dies kann die Grundlage für ein Archäologisches Informationssystem bilden.

Die archäologische Flugprospektion ist eine Methode zur Entdeckung, Beobachtung und Dokumentation archäologischer Fundstellen. Während die archäologische Luftbildinterpretation überwiegend zur Prospektion oberirdisch erhaltener Fundstellen eingesetzt wird, kann man mit der Flugprospektion auch oberirdisch völlig eingeebnete und nur noch unterirdisch erhaltene Fundstellen ausfindig machen.
Bei der Flugprospektion handelt es sich um die gezielte Befliegung archäologisch bedeutsamer Fundgebiete. Als Plattform wird in der Regel ein 2- bis 4-sitziges Sportflugzeug benutzt, wie z. B. die Cessna 150 oder die Cessna 172. Wird eine neue Fundstelle unter bestimmten Bedingungen entdeckt, so wird sie zunächst kartiert und anschließend mit Hilfe einer Digitalkamera mit GPS-Ortung aufgenommen. Die Kombination des kleinen wendigen Flugzeuges mit dem einfach zu bedienenden Kamerasystem ermöglicht Beobachtung und Dokumentation der Fundstellen aus verschiedenen Perspektiven, unterschiedlichen Flughöhen und zu beinahe allen Jahres- und Tageszeiten. Die so gewonnene Flexibilität führt schließlich zur Erfassung und Erforschung archäologischer Fundstellen, die auf dem Erdboden normalerweise nur durch Zufall entdeckt und mit großem Aufwand prospektiert werden können.

Archäologische Fundstellen mit unterschiedlichen Befunden können kartographisch in Form von digitalen Luftbildkarten auf Rasterbasis und in Form von Strichzeichnungskarten auf Vektorbasis erfasst werden. Diese Möglichkeit gewinnt zunehmend Bedeutung für Gebiete oder Länder, in welchen topographische Karten in größeren Maßstäben entweder fehlen oder nicht direkt verfügbar sind. Am Institut wurden zahlreiche Luftbildkarten in verschiedenen Maßstäben und ein Atlas auf der Grundlage eines archäologischen Informationssystems erstellt.

Bei archäologischen Informationen handelt es sich meistens um raumbezogene Daten. Die beste Möglichkeit zur systematischen Erfassung, Auswertung und Nutzung solcher Daten bietet derzeit das Geographische Informationssystem (auch Geo-Informationssystem genannt, mit GIS abgekürzt). GIS besteht aus einem System von Computer-Software, -Hardware, -Daten und Personal, mit dem man raumbezogene Daten verarbeitet, analysiert und präsentiert. Am Institut ist derzeit ArcGIS (Campuslizenz) im Einsatz.
Im Rahmen von Forschungsprojekten wurde GIS in der Anwendung der Archäologie als Instrument für denkmalpflegerische Verwaltung und archäologische Forschung erprobt. Dabei verfügt das Institut über umfangreiche theoretische und praktische Erfahrungen.